06.12.2021

Koalitionsvertrag: Der Paradigmenwechsel, den wir brauchen

Die neue Bundesregierung gibt mit dem Koalitionsvertrag viel Grund zur Hoffnung auf ein Umdenken beim Thema Energieeffizienz von Gebäuden. Denn an einer Stelle zeigt sich dort ein echter Paradigmenwechsel: So prüfe man „einen schnellen Umstieg auf die Teilwarmmiete.“ Vermieter sollen nach dieser Idee für eine Grundversorgung mit Wärme zahlen. Wenn es der Mieter dann noch wärmer haben will, muss er für den zusätzlichen Verbrauch selber aufkommen. So wollen die Parteien sicherstellen, dass beide Seiten an der Lösung beteiligt werden. Darüber hinaus, heißt es im Koalitionsvertrag, strebe man eine „faire Teilung des zusätzlich zu den Heizkosten zu zahlenden CO2-Preises zwischen den Vermietern“ und Mietern an. Denn die CO2-Preise werden bald deutlich steigen und das Heizen stark verteuern. Auch hier sollen die Kosten auf beide Seiten aufgeteilt werden.

Unabhängig davon, ob man diese starke Belastung der Vermieter mit den Heiz- und CO2-Kosten als fair und angemessen beurteilt, ist der Fokus doch genau der richtige. Denn bisher ging es vor allem darum, die neuesten Anlagen und das beste Dämmmaterial einzubauen. Darauf zielen die Anforderungen der entsprechenden Gesetze wie das Gebäudeenergiegesetz (GEG) zuvorderst ab. Jetzt aber wird wichtig, was das am Ende bringt – und ob die neue Technik auch so effizient wie versprochen funktioniert. Denn durch den ökonomischen Druck, der entsteht, weil der Vermieter Heizkosten und einen Teil des CO2-Preises zahlen muss, bekommt er einen starken Antrieb, den realen Verbrauch zu senken. Plötzlich zählt nicht nur, dass man bei der Genehmigung und bei Förderanträgen vorrechnen kann, wie nachhaltig ein Gebäude einmal sein wird. Jetzt ist entscheidend, ob das am Ende auch tatsächlich so ist. Denn falls nicht, wird es dem Geldbeutel wehtun.

So wird die Teilwarmmiete zum Schlüssel dafür, die Kräfte des Marktes zu aktivieren. Vermieter werden nun alle Möglichkeiten abklopfen, um den Verbrauch in ihren Gebäuden zu senken. Der Immobilienbranche kommt so eine Schlüsselrolle zu. 16 Prozent aller CO2-Emissionen werden in Deutschland derzeit durch den Gebäudesektor verursacht. Wenn man diesem Sektor auch die Herstellung der genutzten Energie und Baustoffe zurechnet, betragen die Emissionen sogar etwa das Doppelte davon. Fast 60 Prozent der Gebäudeenergie verbrauchen wir zum Heizen. Bis 2030 soll der jährliche Ausstoß von 120 Millionen Tonnen CO2 auf 67 Millionen gesenkt werden. Um die Klima-Ziele zu erreichen muss der Gesetzgeber die Regelungen also zwangsläufig verschärfen.

Zusammen können Mieter und Vermieter nun zu einem echten Team für Nachhaltigkeit werden. Denn es werden alle, die für Lösungen erforderlich sind, am Prozess beteiligt. Vermieter sorgen dafür, dass in den Gebäuden die besten Anlagen verbaut sind, die so effizient wie möglich betrieben werden. Die Mieter wiederum tragen mit sparsamem Heizverhalten ihren Teil dazu bei. Dieser Paradigmenwechsel von der theoretischen Nachweisbürokratie hin zum Fokus auf den echten Verbrauch kann zu einem Aufbruch für eine grüne Gebäudebranche werden.